Morgen erscheint das Buch „Momentaufnahmen“ von Gunnar Hielscher. Gunnar wird den Fanzinesammlern sicher ein Begriff sein. So veröffentlichte er lange das Zine „Der (Pf)lästerstein“. Wir sprachen mit ihm über sein neues Projekt und hoffen, dass es eure Neugierde weckt.

EF: Ältere Ultras werden dein Fanzine „Der (Pf)lästerstein“ noch kennen. Die letzte Ausgabe liegt schon einige Jahre zurück, nun kehrst du mit einem Buch auf die Bühne zurück. Warum?

Gunnar: Der letzte (Pf)lästerstein liegt in der Tat schon einige Jahre zurück – wenn ich mich nicht täusche knapp zehn Jahre. Es gab immer wieder Bemühungen das auf Sand gelaufene Schiff wieder flott zu machen, doch irgendwie war da der Wurm drin. Auf meinem Rechner schlummern noch zig Berichte aus den Jahren 2003 bis 2008, zum Teil schon fertig layoutet…

Aktuell arbeite ich an einer Sonderausgabe des (Pf)lästersteins, in dem ich auf meine (bisherige) „Fankariere“ zurückblicke. Ich will/wollte nie so sang- und klanglos von der Fanzinebühne verschwinden. Wann das „Mamutwerk“ erscheint, steht jedoch noch in den Sternen, da parallel noch zwei weitere Projekte in Arbeit sind. Eines davon ist auch maßgeblich für den jetzt erscheinenden Bildband „Momentaufnahmen“ verantwortlich, da ich hierfür einige „Bochumfotos“ digitalisieren mußte. Als ich beim Durchblättern meines ersten Fotoordners bereits im Reich der Erinnerungen schwelgte, stand fest, dass auch ein paar weitere Bilder aus der guten alten (analogen) Zeit den Weg auf die Festplatte meines Computers finden würden. Auf die Idee die Bilder für (alte) Weggefährten, Nostalgiker und alle anderen Interessenten in einem Buch festzuhalten brachte mich Gerrit Starczewski (ein Bochumer Fotograph und Künstler) beim Gastspiel des VfL Bochum am Bornheimer Hang, wo wir über die „gute alte Zeit“ philosophierten. Nach anfänglichem Zögern stürzte ich mich voller Enthusiasmus in die Arbeit…

EF: Was genau erwartet den Käufer? Was ist auf den Fotos zu sehen?

Gunnar: Fotos, Fotos, Fotos… Nein, Spaß beiseite – das Buch zeigt (hauptsächlich) Momentaufnahmen meiner Streifzüge durch die Stadien Deutschlands (bis auf eine Ausnahme gibt es nur Fotos von meinen VfL Bochum und unsere Münchner Freunden), Österreichs (in den ersten Jahren zog mich hier vor allem die Nordtribüne des alten Innsbrucker Tivoli mit seinen Verrückten Köpfen – seinerzeit zumindest zu Hause eine Hausnummer – in ihren Bann, später war es dann mehr und mehr der magische Block West rund um die Ultras Rapid) und – last but not least – Italien (mit unzähligen Bildern aus der Zeit, in denen die meisten von uns noch ehrfurchtsvoll ob der genialen Choreographien und der ohrenbetäubenden Gesänge über den Brenner schauten).

Was ist auf den Fotos zu sehen? Zum einen geniale Choreographien, Pyroshows und sonstige Kurvenbilder aus dem Mutterland unserer Bewegung, zum anderen Fotos, die die (optische) Entwicklung (der Mitte der 90er Jahre aufkommenden Ultrabewegung) in Deutschland (hier natürlich insbesondere bei uns in Bochum) dokumentieren. Des weiteren fanden auch Fotos einiger Protagonisten den Weg ins Buch…

EF: Du betonst, dass es Papierfotos sind. Liegt das daran, dass du schlicht und ergreifend nur Papierfotos besitzt, so wie es früher eben üblich war? Oder soll es auch ein gewisses Statement in einer immer schnelleren und digitalisierten Welt sein?

Gunnar: Für den Bildband „Momentaufnahmen“ habe ich ausschließlich digitalisierte Papierfotos verwendet. Inzwischen verwende ich schon seit gut und gerne zehn Jahren eine digitale Spiegelreflexkamera, wobei ich nach wie vor der Meinung bin, dass die gute alte Analogphotographie deutlich bessere Ergebnisse geliefert hat.

Und natürlich war es früher schon geil, wenn du ne Woche nach einer geilen Tour voller Vorfreude zum Fotoladen deines Vertrauens „gerannt“ bist, um endlich die Fotos begutachten zu können. Heute finden wir ja beispielsweise schon Minuten nach einer Choreographie Bilder von dieser im Netz!

EF: Sind dir analoge Fotos immer noch die liebsten? Oder bist du mittlerweile auch digital unterwegs?

Gunnar: Die Frage dürfte mit der Antwort zur vorhergehenden beantwortet sein. Nur so viel – momentan spiele ich vermehrt mit dem Gedanken mal wieder mit der guten alten Spiegelreflexkamera, bewaffnet mit einigen Filmen, auf Tour zu gehen…

EF: Du sagst, dass der Fokus auf Bayern, Bochum, Österreich und dem Mutterland Italien liegt. Was genau macht bzw. machte die für dich die Faszination Italien aus? Wie siehst du die aktuelle Entwicklung dort?

Gunnar: Italien – das war und ist mein Land… auch abseits vom Fußball! Bei meinen Touren, die mich auch recht bald in den Innenraum der Stadien und über den einen oder anderen italienischen Ultrafotographen in so manche Kurve führten, konnte ich viel über die Mentalität und Organisation der Kurven auf dem „Stiefel“ lernen. Natürlich begeisterten mich auch die großen Choreographien, die fetten Pyroshows und die genialen Gesänge. Am meisten beeindrucken mich jedoch bis heute der Respekt innerhalb der einzelnen Gruppen (insbesondere zwischen Alt und Jung), die Gastfreundschaft und die vielzitierte Mentalita, die man aber nur schwer in Worte fassen kann.

In meinen Augen hat sich die Situation in den letzten zwei Jahren ein wenig gebessert, auch weil viele Gruppen inzwischen (um zu überleben) die verhasste Tessera del Tifoso akzeptieren, um ihre Mannschaft auch auswärts wieder zu unterstützen. Optisch und akustisch (mal abgesehen vom – aus meiner Sicht – bitteren Fehlen vieler alter Zaunfahnen) war in der abgelaufenen Saison einiges geboten (spontan fällt mir hier die Curva Andrea Costa unserer Freunde aus Bologna ein, die nicht nur mit durchaus gelungenen Pyroshows, sondern auch mit einer geilen Choreographie am letzten Spieltag für Furore sorgte, oder die mehr als gelungene Aktion der Pisani beim Play Off Spiel gegen Foggia)!

EF: Des Weiteren kündigst du an, dass so manches Fotos auch mit persönlichen Erinnerungen verknüpft sind. Kannst du da spontan mal zwei, drei hervorkramen und uns mitteilen?

Gunnar: Spontan fällt mir dieses Foto (Siehe Galerie) vom ersten UEFA-Cup-Spiel des VfL Bochum in Trabzon ein…

Das erste Mal vergisst du nie! Für rund siebenhundert Bochumer trifft diese Aussage mit Sicherheit zu. Viele viele Jahre sind die meisten von uns dem VfL schon „hinterhergefahren“, nach Meppen ebenso wie zum FC Bayern… oft haben wir gelitten, gebangt… durch jedes Tal der Tränen sind wir mit dir gegangen – stets stolz darauf ein Teil der VfL-Familie zu sein… Trabzon war und bleibt der Höhepunkt der meisten Anwesenden – unser VfL, die „graue Maus“, endlich auf der großen internationalen Bühne – einfach geil! Und leider nur sehr schwer in Worte zu fassen…“

Unvergessen auch das Skandalspiel zwischen Pisa und Livorno am 25. März 2001 – hier eines von vielen Fotos…

Schon vor dem Spiel kam es im Stadion zu den ersten Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Lagern (und der Staatsmacht). Es folgten durchaus sehenswerte Pyrointros beider Seiten, sowie Bombenstimmung sowohl bei den Pisani als auch bei den Livornesi. Als das Spiel Mitte der zweiten Halbzeit mehr oder weniger zu Gunsten der Gäste entschieden war (Pisa hätte unbedingt gewinnen müssen, um den Tabellenführer aus Livorno doch noch abzufangen) provozierte der Heimanhang erst eine längere Unterbrechnung, später den Abbruch der Partie… unglaublich was sich da so alles den Weg in Richtung Spielfeld bahnte (gefühlt hatten weder die Heimkurve noch die angrenzenden Blöcke der Gegengerade danach noch eine einzige montierte Sitzschale)! Nach dem Abbruch kam es vor dem Stadion noch zu etlichen Jagdszenen…

Foto Nummer 3 entstand während des Spiels Venezia Mestre – Empoli

„SEMO TORNAI – wir sind zurück (Dialekt!)… unter diesem Motto stand nicht nur die Choreographie am letzten Spieltag der Serie B im Stadio Pierluigi Penzo… Vor und während des Spiels wurde auch dem, in dieser Saison verstorbenen Francesco „Bae“ Romer gedacht… Höhepunkt für mich war aber ganz klar der Besuch des zu Beginn der zweiten Halbzeit ausgewechselten Capitains Gianlucca Luppi auf dem Vorsängerpodest der Curva Sud (wo er sichtlich Spaß hatte)!“

Hierzu muß noch gesagt werden, dass ich für die Lagunenstädter lange Zeit große Sympathien hegte und aufgrund regelmäßiger Besuche auch etliche Kontakte zu den Ultras Unione (und später zum Gate 22) pflegte.

EF: Verfolgst du als einer der Pioniere der Fanzine-Landschaft in Deutschland die heutige Situation auf dem Markt? Wenn ja, hast du Lieblingshefte?

Gunnar: Oh ja, den verfolge ich… inzwischen stapeln sich in meinem Büro an die 4.500 Hefte aus den 80er Jahren bis heute, Tendenz steigend! Lieblingshefte? Ein schwieriges Thema… Tendenziell fühle ich mich eher zu Groundhoppingheften hingezogen, aber auch die professionell layouteten Hefte so mancher Gruppe erfreuen sich großer Beliebtheit. Aktuell würde ich Dröhnbütel, Daggl, So fängt das an…so geht das los, Block West Echo und YaBasta! ziemlich weit oben ansiedeln – aber auch euer Heft und das Blickfang Ultrá liegt bei mir nicht lange ungelesen in der Ecke!

EF: Kannst du uns noch ein paar Worte zum (Pf)lästerstein und zu deiner Person sagen? Bist du heute noch aktiv?

Gunnar: Der (Pf)lasterstein, der von Ausgabe 1 bis 10 (noch) unter dem Namen Red News erschien, war ein Gemeinschaftsprojekt von einigen Mitgliedern der Fantastic Supporters und der Dachau City – später kamen dann noch ein paar „Externe“ hinzu. Neben den Spielen des VfL Bochum und des FC Bayern gab es unzählige Groundhoppingberichte aus allen Herren Ländern (wobei eine Affinität etlicher Mitschreiber für Italien unübersehbar war!), Interviews und vieles mehr. Insgesamt erschienen 18 Ausgaben und eine Sonderausgabe anlässlich der Weltmeisterschaft 2006. Im Jahr 2004 erschien aus dem Hause (Pf)lästerstein eine DVD, auf der sich hauptsächlich Spiele aus dem Mutterland der Ultras befanden. An einer weiteren DVD mit Material aus der guten alten Zeit (2003/2004) arbeiten wir gerade. Im Zusammenhang mit dem Bildband kamen wir überein, dass es die, bis dato in ner Kiste vor sich hinschlummernden Bänder, mehr als wert sind, für die Nachwelt bearbeitet zu werden…

Ich selbst bin inzwischen fast 40 Jahre, fahre seit 1992 (mehr oder weniger) aktiv zum Fußball (ins Münchner Olympiastadion ging ich schon früher regelmäßig), war sowohl Gründungsmitglied der Fantastic Supporters im Jahre 1995 als auch der Ultras Bochum anno 1999. Seit der Geburt meiner ersten Tochter 2003 habe ich mich aus der „ersten Reihe“ zurückgezogen, sehe mich aber nach wie vor als fester Bestandteil der Bochumer Szene, auch wenn ich nur noch „ab und an“ live dabei bin (was wohl nicht zuletzt an der räumlichen Distanz zu Bochum liegt – ich komme aus der Nähe von Dachau). Aber ich denke, dass man nicht nur an der Zahl der gesehenen Spiele gemessen werden sollte, schließlich gibt es auch so verdammt viele Möglichkeiten sich (aktiv) einzubringen.

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MOMENTAUFNAHMEN – zwölf jahre „analog“ unterwegs

LIMITIERTE AUFLAGE!

auf 84 seiten findet ihr über 400 (papier)fotos aus den jahren 1995 bis 2006 aus „meiner fussballwelt“, versehen mit der einen oder anderen persönlichen erinnerung…

das hauptaugenmerk liegt ganz klar auf dem vfl bochum, dem fc bayern, dem mutterland der ultras italien und unserem nachbarland österreichisch.

Hardcover / A4 / 84 Seiten
Stadionpreis: 19,95 Euro
Bestellung Deutschland (inkl Porto und Verpackung): 24,00 Euro
Bestellung Europa (inkl Porto und Verpackung): 27,00 Euro

Bei Abnahme von fünf oder mehr Büchern Preisnachlass!

Kontakt: hielscher.der_pflasterstein@t-online.de

ERSCHEINUNGSDATUM (wenn die Druckerei termingerecht liefert): 21. JUNI 2016